Der Posaunenchor feiert sein 75-jähriges Jubiläum im Zeichen Europas mit Gästen aus Ungarn und Österreich.

Der Posaunenchor Plochingen (PCP) feierte am Wochenende mit einem bunten Programm am CVJM-Häusle sein 75-jähriges Jubiläum. Eng mit der Geschichte des Chors verknüpft ist die offiziell 10-jährige Städtepart­nerschaft mit der ungarischen Stadt Oroszlány. Als Symbol der Freund­schaft der beiden Städte wurde am Oroszlány Weg auf dem Stumpenhof eine Holzstele enthüllt. Ein Höhe­punkt im Rahmen des Festwochen­endes war eine Feierstunde der Part­nerschaften in Europa, in welcher ein „Europa-Posaunenchor” mit Bläsern aus Plochingen, Lajoskomárom (Un­garn), Rutzenmoos (Österreich) und mit Unterstützung von Bläsern der Stadtkapelle musizierte. Es gab Gruß­worte der Partnerstädte und befreun­deter Städte. Anschließend wurde das Jubiläum des Posaunenchors mit den Gästen gefeiert. Der Sonntag startete mit einem Festgottesdienst und am Nachmittag fanden die Feier­lichkeiten am Freundschaftsbaum im Landschaftspark ihren Abschluss.

Nachdem die Gäste am Freitagabend auf dem CVJM-Gelände eintrafen, wurde am Samstagmorgen eine ge­schnitzte Holzstele des Künstlers lstván Licskó am Oroszlány Weg feierlich ent­hüllt. Nach Bürgermeister Frank Buß habe der Vorabend gezeigt, wie wichtig Begegnungen von Menschen sind, die in den vergangenen eineinhalb Jahren coronabedingt nicht erfolgen konnten. Um den europäischen Gedanken fest zu verankern und die Partnerstädte zu würdigen, seien Wege in Plochingen nach deren Namen benannt.
Es sei „zutiefst ergreifend”, dass es 1000 Kilometer von Oroszlány entfernt, eine nach seiner Stadt benannte Straße gebe, meinte Oroszlánys Bürgermeister Zoltán Lazók, dessen in Detmold leben­de Tochter Boglarka Baykov übersetzte. Die persönlichen Beziehungen der Stadtbewohner verbinden beide Städ­te auf besondere Art. Lazók: „Dieses Kunstwerk ist ein Symbol für die Freundschaft zwischen den Städten.” Aus vielen Begegnungen, vor allem des Posaunenchors und des Skiclubs, seien „wirkliche Freundschaften ent­standen”, so der Stifter des Kunstwerks lstván Erdei. Der Künstler lstván Licskó erläuterte die aus dem Eichenholz ge­schnitzten Motive: Die Tulpe sei ein „altes Motiv der Ungarn”. Sonne und Feuer symbolisieren die Liebe, die in ei­ner Freundschaft brennen müsse. Und die Spitze der Stele stehe dafür, dass die Freundschaft immer weiter empor­steige.
Ein Bläserensemble des Posaunenchors umrahmte die Übergabe des Kunst­werks, die mit einem Sektempfang en­dete.

Bei der Enthüllung der Holzstele (v. 1.): Oroszlánys Bürgermeister Zoltán Lazók, Plochingens Bürgermeister Frank Buß sowie der Stifter und Vorsitzende des Skiclubs Oroszlány István Erdei.

V. I.: Ungarns Generalkonsul Dr. András lzsák, Oroszlánys Bürgermeister Zoltán Lazók, Zwettls Bürgermeister Franz Mold, Plochingens Bürgermeister Frank Buß, Luckaus Bürgermeister Gerald Lehmann, Luckaus Stadtverordnete Christiane Zimmermann und der Leiter des Plochinger Posaunenchors Reiner Nußbaum.

Die Menschen lassen Europa zusam­menwachsen
Zum Auftakt der Feierstunde am Samstagnachmittag unter dem Motto „Partnerschaften in Europa” spielte der „Europa-Posaunenchor” die Eurovisions-Hymne.
Bürgermeister Buß betonte in seiner Rede die europäische Einheit: „Wenn wir Freiheit, Demokratie und Welt­offenheit bewahren wollen, muss Europa zusammenstehen.” Nicht eu­ropäische Institutionen würden ein gemeinsames Europa schaffen, son­dern es seien die Menschen. Indem sie sich begegnen, Freundschaften schließen und Grenzen überwinden, werde Europa zusammenwachsen. Städtepartnerschaften auf kommu­naler Ebene seien der „Nährboden für Begegnung und Freundschaft”. Gleich zwei partnerschaftliche Jubiläen gebe es zu würdigen: Seit 50 Jahren besteht die Partnerschaft Plochingens mit der schwedischen Stadt Landskrona, seit zehn Jahren mit Oroszlány, wo­bei es schon seit 40 Jahren Kontakte des Posaunenchors Plochingen mit dem evangelischen Chor Oroszlány gibt. Wie bei Landskrona und Oroszlány sei auch bei der österreichischen Partnerstadt Zwettl „Musik der Bot­schafter” und das völkerverbindende Element gewesen, als zur Einweihung der Plochinger Stadthalle der Zwettler Musikverein C. M. Zieher zu Gast war. Im Jahr 1993 erfolgte dann die Unter­zeichnung des Partnerschaftsvertrags mit Zwettl.
Neben den Städtepartnerschaften würdigte Buß auch die Städtefreund­schaften mit Luckau in Brandenburg, Svitavy (Tschechien) und Cividale (Ita­lien).
Nach dem Bürgermeister von Oroszlány, Zoltán Lazók, können nur persön­liche Begegnungen einst feindliche Beziehungen überwinden. Plochingen und Oroszlány seien sich „durch die Liebe zur Musik” nähergekommen. Aufgrund Corona war die Bürgermei­sterin von Landskrona, Gunlög Stenfelt, per Video zugeschaltet. Sie hofft, dass das 50-jährige Partnerschaftsju­biläum nachgeholt und im nächsten Sommer gefeiert werden könne.
Zwettls Bürgermeister Franz Mold sieht Städtepartnerschaften als gutes Mittel, um sich kennenzulernen und um Vorurteile abzubauen.
Nach Luckaus Bürgermeister, Gerald Lehmann, gibt es am Haus Europa „noch viel zu tun”, aber es werde da­mit der jüngeren Generation auch et­was weitergegeben. Dem Plochinger Posaunenchor wünschte er, den rich­tigen Ton zu treffen und vielleicht kön­ne auch einmal bei einem Treffen mit dem Luckauer Posaunenchor „Blech in der Luft liegen”.
Mit der vom „Europa-Posaunenchor” gespielten europäischen Hymne, der „Ode an die Freude”, endete die Part­nerschafts-Feierstunde.

Landskronas Bürgermeisterin Gunlög Stenfelt war live zugeschaltet.

Musik, Gemeinschaft und Glaube
Der Leiter des Posaunenchors Reiner Nußbaum erinnerte an die Anfänge des Chors. Drei Gründungsmitglieder, alle über 90 Jahre alt, seien noch am Leben und Heinz Zimmermann sogar beim Jubiläum mit dabei. Angefangen mit einem „Großer Gott, wir loben dich” am Erntedankfest 1946, gelte für viele Mitglieder der Spruch: „Das Bla­sen hat mich durch das Leben getragen und viele Freundschaften geschaffen.”
Musik, aber auch Gemeinschaft und Glaube seien beim Posaunenchor zen­tral. Er bereichere die Musizierenden persönlich und lasse über Grenzen hi­naus blicken. Dies motiviere alle, um den ehrenamtlichen Dienst im CVJM, unterstützt von der evangelischen Kir­chengemeinde und der Stadt Plochingen, auszuüben. Nußbaum dankte den über 50 Helfern, die das Jubiläumsfest auf die Beine stellten.

Der „Europa-Posaunenchor” mit Musizierenden aus Plochingen, Lajoskomáron und Rutzenmoos.

Das „Kellererlebnis” legte den Samen
Peter Neuendörfer vom Rutzenmooser Posaunenchor blickte auf die bis ins Jahr 1964 zurückreichende freund­schaftliche Verbundenheit zurück, als die Plochinger sie mit Notenmaterial und einer Tuba unterstützten. Zusam­menkünfte und gemeinsames Musi­zieren verstärkten die Beziehungen. Als Dank dafür erhielten die Plochinger nun Zugriff auf die digitale Noten­verwaltung der Rutzenmooser.
Der Bürgermeister von Oroszlány, Zoltán Lazók, verwies auf die 40-jäh­rige Zusammenarbeit mit dem evan­gelischen Chor seiner Stadt, die zur Städtepartnerschaft mit Plochingen führte. Ein Jubiläum bringe generati­onsübergreifend Musiker zusammen und zeige, dass Musik verbinde und sie allen gehöre. Beste Wünsche über­mittelte er auch vom Blasorchester der Bergarbeiter seiner Stadt.
In der Erinnerung „tief verwurzelt” sei das erste Treffen im Oktober 1981 in Oroszlány, sagte András Sztruhar vom dortigen evangelischen Chor. „Der ge­meinsame Glaube, das tolle Konzert in der Kirche und das Kellererlebnis” hätten sprachliche Schwierigkeiten überwunden und den Grundstein für die Freundschaft gelegt. Menschen wie Dieter Greiner, Michael Pangert, Daniel Nagy, Lászlo Asbóth und Andräá Sztruhars Vater hätten den Samen ge­legt. Milán Zoltánné, Reiner Nußbaum und Peter Raviol dann den „Staffelstab” übernommen. Viele Früchte habe der Samen gebracht: Besuche, gemein­same Konzerte, freundschaftliche und geschwisterliche Beziehungen. Mit Grüßen vom Chor und in Erinnerung an das „Kellererlebnis” schenkte Sztruhar dem Posaunenchor einige Flaschen be­sten ungarischen Wein.

Dank und Erinnerung an die Gründer
Auch die Leiterin des Posaunenchors Lajoskomárom Erzsébet Decmann und ihr Mann, der Pfarrer Tibór Decmann, erinnerten an die Wurzeln ihrer Ver­bindung und die Unterstützung durch die Plochinger. Im Jahr 1994 gründe­ten die Plochinger Bläser auf Initiati­ve des langjährigen Chorleiters Dieter Greiner in Lajoskomárom den ersten Posaunenchor der Evangelischen Kir­che Ungarns. Die Chorleiterin meinte: „Die Pandemie lehrt uns, an die fri­sche Luft zu gehen. Daher kann eine Bank gute Dienste leisten.” Deshalb bekamen die Plochinger als Geschenk vom Posaunenchor Lajoskomárom eine Gartenbank. Und dass sich der Chor in seinem inzwischen 25-jährigen Bestehen bestens und bereits teils in zweiter Generation entwickelte, da­von konnten sich die Plochinger selbst überzeugen: Zur Veranstaltung reisten die Bläserinner und Bläser eigens mit einem Kleinbus an.

Oroszlönys Bürgermeister Zoltän Lazök überreicht dem Posaunenchorleiter Reiner Nußbaum Geschenke aus der Partnerstadt.

Andras Sztruhar vom Evangelischen Chor Oroszlány erinnerte an das erste Treffen mit dem Posaunenchor vor 40 Jahren.

Reiner Nußbaum nimmt gleich Platz auf der Gartenbank, dem Geschenk von Erzsébet und Tibór Decmann vom Posaunenchor Lajoskomárom.

Anderen eine Freude bereiten
Hans-Martin Weber vom PCP nahm die Gäste mit auf eine Zeitreise der Chorgeschichte, die eng mit Hermann Mühleisen, dem Landesposaunenwart von 1929 bis 1968, verbunden ist. In den 1970er-Jahren war der Chor als „schwäbischer Posaunendienst” sonntagmorgens oft im Rundfunk zu hö­ren. Was den Chor zudem auszeichne, seien die Ziele und Bedeutung seiner Reisen, auch in Bezug auf ein Zusam­menwachsen Europas. Und da der PCP immer auf Touren sei, brauche es einen Tourenleiter. An dieser Stelle dankte Weber dem Chorleiter Reiner Nußbaum und seiner Frau Sabine.
Der Vizechorleiter und Bezirksposaunenwart Frank Schilling bemerkte, dass bei einer aktuellen Umfrage un­ter den Bläsern zu ihrer Motivation an erster Stelle „Anderen eine Freude zu machen” genannt werde. Schilling: „Wir spielen zu Gottes Ehre und zur Freude der Menschen.”
Nach den Ehrungen für langjährige Zugehörigkeit gratulierte schließlich Bürgermeister Frank Buß zum Vereins­jubiläum. Die geistliche Bläsermusik und das Weihnachtsbläserspiel seien sicher Highlights. Aber ebenso lobte er die Dienste für ältere Menschen. Zudem sei der Zusammenhalt vorbild­lich. Buß: „Herzlichen Dank, alles Gute für die Zukunft und Gottes Segen.”
Reiner Nußbaum dankte dem Jugend­chorleiter, Ralf Schmidgall, der diese Tätigkeit bereits über 25 Jahre ausübt. Laut dem 1. Vorsitzenden des CVJM Plochingen, Thomas Nußbaum, gehö­ren Musik, Kultur und Glauben zum CVJM. Eine Stärke des PCP sei es, „im­mer einen Schritt voraus zu sein” und auf die Jugendarbeit zu achten.
Nach ganz oben scheint der Posaunen­chor am Wochenende jedenfalls einen guten Draht gehabt zu haben, denn kurz nachdem der letzte der insge­samt zwölf Redner seinen Beitrag be­endete, setzte ein kurzer, aber starker Regenschauer ein.

Gottesdienst mit Instrumentenvor­stellung
Unter Mitwirkung des Posaunenchors gestalteten am Sonntag der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Gott­fried Hengel, Pfarrerin Karin Keck und Jugendreferentin Kaddy Mildenberger den Festgottesdienst. Dabei stellten Chormitglieder ihre Instrumente — von der Tuba bis zur Pauke —auf charmante Art vor. Die Tuba erfordere ein großes Auto. Und ins Horn werde geblasen und nur Gott wisse, was dabei rauskomme. Nach Hengel spielen alle Instrumente zusammen zum Lobe Gottes. Die Viel­falt mache es aus und bringe Genera­tionen und Nationen zusammen. Zu­hören müsse man können — und auch Misstöne aushalten. Gott habe die Menschen verschieden geschaffen, vor ihm seien aber alle gleich. Dabei seien Konzertreisen ein wichtiges Instru­ment der Völkerverständigung und des gemeinsamen Gotteslobes.

Erinnerungsfeier am Freundschafts­baum
Am Freundschaftsbaum auf dem Bruckenwasen, der anlässlich der Verbin­dung mit Oroszlány 2004 gepflanzt wurde, endete das Jubelwochenende. Nach Reiner Nußbaum braucht es Men­schen, die sich für die Freundschaft en­gagieren. Doch er ist optimistisch: Der prächtige Nußbaum stehe nicht nur für einen Neubeginn, sondern auch für langes Leben. „In diesem Sinne freuen wir uns auf weitere Jahre mit unseren ungarischen Freunden.”
Für András Sztruhar ist Freundschaft nur durch Vertrauen und gegenseitiges Verständnis dauerhaft.
Und Zoltán Lazók hält die gemein­samen Treffen für „unentbehrlich”. Er würde gerne auch in 40 Jahren Men­schen hier sehen, „weil dies bedeuten würde, dass unsere Freundschaft wei­tere Generationen überdauert hat.” Frank Buß bedankte sich für die gegen­seitige Wertschätzung, große Freund­lichkeit und Herzlichkeit. Der Freund­schaftsbaum stehe auch als Zeichen der Wertschätzung auf einem Plochinger „Kleinod” im Landschaftspark. „Ich freue mich auf unser nächstes Treffen”, so Buß bei der Verabschiedung.

Vor der langen Rückreise nach Ungarn: Der Posaunenchor von Lajoskomárom.

Bei der Verabschiedung unter dem Freundschaftsbaum im Landschaftspark Bruckenwasen gab es noch einmal Geschenke.